Von Leuten, die Probleme schaffen – die sie gleich selber lösen

Einige Schachprobleme zum Nachspielen ...

... als Illustration zum gleichnamigen Artikel in der Bund-Ausgabe vom 23. August.

"Navigieren" Sie mit den beiden Pfeilknöpfen, welche neben den Diagrammen erscheinen, oder indem Sie die Züge anklicken.

Dies ist das Problem, welches Sie im Bund-Artikel abgedruckt finden:

Gerald Anderson
Il Secolo 1919
1. Preis
white kc7 de7 ta3b1 lb3 black kb5 tg3 lh7 bf7c6c3
Weiss zieht und setzt im zweiten Zug matt
1.Kc7-d6 ! {gewährt dem schwarzen König die Fluchtfelder b4 und b6 und droht } threat: 2.De7-b7 # {, was die beiden Felder wieder deckt} 1...Tg3-g6 + {verstellt die Läuferlinie h7-g1} 2.Lb3-e6 # {Abzugsschach! Der Läufer muss den König schützen} 1...Tg3-d3 + 2.Lb3-d5 # {ganz analog} 1...Kb5-b6 {der Läufer braucht c4 nicht mehr zu decken ...} 2.Lb3-c2 # {... muss aber die Läuferlinie h7-b1 verstellen} 1...Kb5-b4 2.Kd6*c6 # {öffnet die Damenlinie e7-b4 wieder und deckt gleichzeitig b5}

Johann Berger
Akademische Monatshefte für Schach 1927
white kf2 td8 lh6 bg4 black ke4 be5e7
Weiss zieht und setzt im dritten Zug matt
1.Lh6-c1 ! {überschreitet das Feld d2, damit der Turm den Läufer nach} 1...e7-e6 {dort verstellen kann:} 2.Td8-d2 { Jetzt muss der König auf die Läuferlinie ziehen:} 2...Ke4-f4 {, wo er mit Doppelschach matt gesetzt werden kann.} 3.Td2-d4 #

Die erste Darstellung der Idee, ein Feld zu überschreiten, um sich darauf verstellen zu lassen, wurde 1845 von einem in Indien tätigen Geistlichen veröffentlicht und ging als das "Indische Problem" in die Schachgeschichte ein.

Josef Kupper
Die Schwalbe 1957
1. Preis
white kh3 sf7g4 bf5 black kh5 lh4 bf6
Weiss zieht und setzt im achten Zug matt
1.Sg4-e3 ! 1...Lh4-g3 2.Se3-c4 2...Lg3-f4 3.Sc4-a5 3...Lf4-c1 4.Sa5-c6 4...Lc1-h6 5.Sc6-d4 5...Lh6-f4 6.Sd4-e6 6...Lf4-h6 7.Kh3-g3 { Zugzwang: wenn der Läufer stehen bleiben könnte, wäre kein Matt möglich!} 7...Lh6-c1 8.Se6-g7 # 7...Lh6-f8 8.Se6-f4 #

Das Spiel ist stark verästelt; aber wenn Schwarz optimal spielt, muss der Springer tatsächlich bis nach a5 zurückweichen, um nach e6 zu gelangen, ohne dass ihn der Läufer abfangen kann.

Der Autor war Mitte des letzten Jahrhunderts einer der stärksten Schweizer Partiespieler. Unter anderem war er dreimal Schweizer Meister, auch 1957, als er mit seinem Achtzüger international Furore machte.

Georges Barbier & Fernando Saavedra
Weekly Citizen 1895
white kb6 bc6 black ka1 td5
Weiss zieht und gewinnt

In einer Endspielstudie endet das Spiel nicht nach einer fixen Anzahl Zügen, sondern wenn das Ziel "offensichtlich" erreicht worden ist.

1.Bc6-c7 ! {droht den Bauern umzuwandeln} 1...Td5-d6 + { } 2.Kb6-b5 {Nicht 2.Kc5 wegen Td1! und nach 3.c8=D Tc1+ ist die Dame weg.} 2...Td6-d5 + 3.Kb5-b4 3...Td5-d4 + 4.Kb4-b3 4...Td4-d3 + { Erst so weit unten darf der König die c-Linie betreten:} 5.Kb3-c2 5...Td3-d4 ! {Stellt eine raffinierte Falle! } 6.c7-c8=T ! {Aber nicht 6.c8=D, weil Schwarz dann mit 6...Tc4+ 7.Dxc4 das eigene Patt erzwingen kann! } 6...Td4-a4 {Sonst ist nach 7.Ta8+ Feierabend } 7.Kc2-b3 !{droht gleichzeitig mit dem Turm matt zu setzen oder den schwarzen Turm zu schlagen.}

Barbier veröffentlichte diese Studie mit der Forderung "Schwarz hält Remis", weil er die Möglichkeit der Turmumwandlung übersehen hatte. Saavedra wies ihn darauf hin und wurde damit zum Co-Autor.

Henry Forsberg
Wolfgang Pauly-Gedenkturnier 1934-35
1. Preis
white kg4 tb4 sd3 black ka3 da6
Hilfsmatt in zwei Zügen
b) schwarzer Turm statt schwarze Dame
c) schwarzer Läufer statt schwarze Dame
d) schwarzer Springer statt schwarze Dame
e) schwarzer Bauer statt schwarze Dame

Im Hilfsmatt beginnt Schwarz und hilft Weiss dabei, den schwarzen König matt zu setzen.

Im "Fünflingsproblem" von Forsberg gibt es mit jeder schwarzen Gangart auf a6 eine andere Mattführung.

a) 1.Da6-f6 Sd3-c5 2.Df6-b2 Tb4-a4 # b) +bRa6 1.Ta6-b6 Tb4-b1 2.Tb6-b3 Tb1-a1 # c) +bBa6 1.La6-c4 Sd3-e1 2.Lc4-a2 Se1-c2 # d) +bSa6 1.Sa6-c5 Sd3-c1 2.Sc5-a4 Tb4-b3 # e) +bPa6 1.a6-a5 Tb4-b3 + 2.Ka3-a4 Sd3-c5 #

Henry Bettmann
Babson-Turnier 1926
1. Preis
white ka5 dh3 ta6h2 lg1 sf1h8 ba7b4c3c5e4f7h4h6 black kc6 tb6 bb7c7f2
Selbstmatt in drei Zügen

Im Selbstmatt erzwingt Weiss gegen den Willen von Schwarz das Matt des weissen Königs.

1.a7-a8=L ! {fesselt den Bauern diagonal über dem scharzen König, ohne später das Matt durch den schwarzen Turm zu stören. Wenn Weiss in der Folge die schwarze Umwandlungsfigur schlagen kann, muss der schwarze Turm matt setzen. } 1...f2*g1=D 2.f7-f8=D 2...Dg1-g8 3.Df8*g8 3...Tb6*a6 # 2...Dg1*f1 3.b4-b5 + 3...Df1*b5 # 1...f2*g1=T 2.f7-f8=T ! 2...Tg1*f1 3.Tf8*f1 3...Tb6*a6 # 2.f7-f8=D ? {wäre schlecht, weil nach ...} 2...Tg1*f1 3.Df8*f1 3...Tb6*a6 + {... die weisse Dame das Matt stören würde.} 1...f2*g1=L 2.f7-f8=L ! 2...Lg1*c5 3.Lf8*c5 3...Tb6*a6 # 2.f7-f8=D ? {scheitert jetzt, weil ...} 2...Lg1*c5 3.Df8*c5 # {... den falschen König matt setzt!} 1...f2*g1=S 2.f7-f8=S 2...Sg1*h3 {deckt d7} 3.Th2*h3 3...Tb6*a6 #

Nach den Umwandlungen des weissen Bauern gibt es viele weitere Abspiele, in denen die schwarze Umwandlungsfigur abgefangen wird.

Die Idee, dass Weiss auf alle Umwandlungen eines schwarzen Bauern mit der gleichartigen Umwandlung eines und desselben weissen Bauern antwortet, wurde 1926 vom US-Amerikaner Joseph Babson propagiert. Wie man sieht, gelang dies im Selbstmatt umgehend.
Obwohl sich viele Spitzenleute daran versuchten, die Idee auch im orthodoxen Schachproblem zu realisieren, dauerte es bis 1983, ehe ein bis dahin unbekannter Problemist (von Beruf Fussballtrainer in der sowjetischen Provinz) es schaffte.

Thomas Maeder & Hans-Peter Reich
Andernach 1993
3. Preis
white kf8 ld3 sd1 black ka1 dh5 th4 lh6 ba2a3g7h3
Hilfsmatt in zwei Zügen
2 Lösungen
Andernachschach

Im "Märchenschach" setzen die Problemisten die Entwicklung der Schachregeln fort, welche im Partieschach irgendwann gestoppt wurde.
"Andernachschach" besagt, dass Figuren (ausser den Königen) ihre Farbe wechseln, wenn sie schlagen. Es wurde 1993 am jährlichen Märchenschachtreffen in Andernach bei Bonn vorgestellt, wo dieses Problem mit einem Preis ausgezeichnet wurde.

1.Dh5-g4 Sd1-e3 2.Lh6*e3=w Le3-d4 # {denn nach} 3.Dg4*d4 [d4=w] {steht der schwarze König immer noch im Schach!} 1.Dh5-g5 Ld3-c4 2.Th4*c4=w Tc4-c1 # {und wieder hilft} 3.Dg5*c1 [c1=w] {nicht.}

Die Dame muss im ersten Zug ihre schwarzen Kollegen verstellen, weil diese die mattsetzende Figur schlagen könnten. Sie kann diese zwar selbst auch schlagen, aber das hilft nichts, weil sie dabei weiss wird und ihrerseits Schach bietet.

Mehrere Lösungen sind nicht "anstössig", wenn sie vom Autor beabsichtigt sind und gemeinsam zur Idee des Problems beitragen.
Im Hilfsmatt werden sie (alternativ zur Mehrlingsbildung, wie wir sie bei Forsberg gesehen haben) häufig verwendet.

Die dynamischen Diagramme auf dieser Seite wurden mit py2web realisiert.